Nikolas Liebe und Probleme |
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by Spectator2 |
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Zweiter Teil von Nikolas Entdeckung, in dem Nikola mit ihren neu gewonnenen Fähigkeiten experimentiert und dabei schöne und weniger schöne Dinge erlebt. Zum ersten Teil siehe hier (Entschuldigung fürs lange Warten |
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Vor dem Spiegel übte Nikola, ihren Bauch immer mehr einzuziehen. Lange dauerte es, bis sie überzeugt davon war, wirklich so auszusehen, als ob es ihre natürliche Figur wäre. |
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Nach langem Ausprobieren entschied sie sich dafür, ihren Bauch nicht ganz auf Idealmaße zusammenschmelzen zu lassen, sondern etwas mollig zu bleiben. Dennoch passte ihr mit der neuen Figur keine Hose und kein Rock mehr. |
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Sie kramte ein einteiliges Sommerkleid aus dem Schrank, das sie vor fast zwei Jahren getragen hatte. Eigentlich war es dafür noch zu kühl, sodass sie auffallen würde, aber es ging eben nicht anders. Mit ihrer jetzigen Figur war das Kleid zwar viel zu weit, aber mit einem Gürtel musste es gehen. |
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Wieder fuhr sie zu ihrem geheimen Startplatz im Wald und wieder schaffte sie es, problemlos zu starten. Beim Flug blähte sich ihr zu weites und ohnehin luftiges Kleid richtig auf. Sie erreichte nach einer Viertelstunde München, landete diesmal in einem Wäldchen im Englischen Garten , nachdem sie lange genug darum herumgeflogen war und kontrolliert hatte, dass dort halbwegs wenige Menschen waren. Von dort aus ging sie zu Fuß zu einer Shoppingmeile in der Innenstadt. |
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Sie spürte und genoss es, wie junge Männer ihr nachschauten – etwas, das sie wegen ihres Leibesumfangs bisher nie erlebt hatte. Mit einigen angesagten Klamotten würde es noch besser werden, hoffte sie. Sie durchstreifte den ganzen Tag die Modehäuser und kaufte für Unsummen ein – sie wagte nicht, zu kontrollieren, ob sie noch Guthaben auf ihrer Kreditkarte hatte. Am Ende hatte sie drei Paar Hosen, zwei Röcke, vier Blusen und vier Tops sowie drei |
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Paar Schuhe erstanden. |
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Sie war fast vier Stunden ununterbrochen in Geschäften unterwegs gewesen und es wäre eigentlich längst Zeit, nach Hause zu fliegen. Dennoch nahm sie sich die Zeit, sich in ein Café zu setzen – ohne eine Tasse Kaffee und eine Zigarette war sie nicht mehr in der Lage, irgend etwas zu tun; Superkräfte hin oder her. Die einzige Pause, die sie gemacht hatte, hatte sie dazu genutzt, sich eines der neuen Outfits anzuziehen, da dieses ihr in der gewählten Figur besser passte als das Kleid, mit dem sie hergekommen war. |
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Nach dieser Pause begab sie sich zurück zu dem Industriegelände, auf dem sie bei ihrem ersten Flug nach München gelandet war. |
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Zwar hatte sie auch diesmal keine Startprobleme, merkte jedoch in der Luft, dass es keine Frage von Kraft allein war, insgesamt sieben große Tüten bei einer Fluggeschwindigkeit von über 200 km / h zu balancieren. Eine Tüte riss und ein Paar Schuhe fiel hinunter – mitten hinein in einen Wald. Nikola flog zwar nieder, doch erkannte sie schnell, dass es wenig sinnvoll war, den Wald zu durchsuchen – zumal sie nicht genau wusste, zwischen welchen Bäumen die Schuhe heruntergefallen waren. Sie besaß zwar Superkräfte, aber keineswegs Supersinne. Ärgerlich gab sie die Suche auf, noch bevor sie gelandet war und flog statt dessen zielstrebig nach Hause. |
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Sie brachte gar nicht alle neu gekauften Kleidungsstücke auf ihrem Roller unter und musste so zweimal fahren. Sie hoffte, dass sie niemandem aufgefallen war.
Nachdem sie die neuen Kleidungsstücke eingeräumt hatte, überlegte sie, dass es nicht unwahrscheinlich war, dass ein anderes Labor eine Substanz, die Supersinne verlieh, entwickelt hatte. Dieses würde allerdings nicht ganz einfach zu finden sein. Nikola war sich im Klaren, dass sie nicht ohne weiteres zu Hause in ihrer neuen Figur und Kleidung in die Disko gehen konnte. Zu gefährlich wäre es, von Mitschülern gesehen und erkannt zu werden. So wurden ihre Flüge nach München und zurück bald zu einer festen Gewohnheit: Unter der Woche blieb sie das dicke und eher schüchterne Mädchen, am Freitagnachmittag verwandelte sie sich in eine junge Dame mit guter Figur und angesagten Klamotten. |
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Sie genoss die ungewohnte Erfahrung, dass Jungen mit ihr tanzen wollten. Hin und wieder merkte sie auch, dass jemand ihr nachschlich und „rein zufällig“ zur selben Zeit wie sie selbst in den Hof ging, um zu rauchen. Es dauerte dennoch, bis einer sie ansprach, der ihr auch gefiel. Er hieß Marco und ging auf ein Münchner Gymnasium. |
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Sie gab ihm zunächst nur einsilbige Antworten und behauptete schließlich, sie sei bei einer Kusine zu Besuch. Er blieb aber so lange stur, bis sie ihm ihre Handynummer gab. Nett schien er immerhin zu sein; er redete nicht nur von sich sondern hörte auch ihr zu und er spendierte ihr auch einen Cocktail |
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Sie tanzten einige Male miteinander und verabschiedeten sich gegen Morgen mit einem Kuss. Sein Angebot, sie nach Hause zu begleiten, konnte sie nur abbügeln, indem sie erklärte, sie werde abgeholt – und im Supertempo verschwand, sobald sie sich vergewissert hatte, dass die Straße frei war. |
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In den nächsten Tagen hatte Nikola ohnehin ein ernstes Problem: Ihr Vorrat an Serum ging zur Neige. Sie ging davon aus, dass ihr Stiefvater einer Bitte um Nachschub nicht entsprechen würde. Sie selbst konnte die notwendigen Zutaten nicht ohne weiteres kaufen, obwohl im Haus natürlich Bunsenbrenner und andere Vorrichtungen vorhanden waren. Sicher könnte sie mithilfe ihrer übermenschlichen Kräfte in das Labor an der Universität eindringen, doch sie hatte immer noch ein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken. |
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Sie versuchte, nicht daran zu denken und sich statt dessen auf die Schule zu konzentrieren, wo es zu dieser Zeit Arbeiten hagelte. Immer wieder fiel es ihr dennoch ein – vor allem jedes Mal, wenn sie das Serum wieder einnehmen wollte. |
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Marco rief fast jeden Tag an und bat sie, doch wieder einmal nach München zu kommen. Er sparte auf ein Auto; wenn er eines hätte, könnte er Nikola besuchen. |
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Nikola erklärte ihm, sie könne ihre Kusine nicht jedes Wochenende belästigen. Am nächsten Freitag flog sie aber dennoch nach München und traf Marco wieder. Erneut flüchtete sie, bevor er sie „nach Hause“ begleiten konnte und er schrieb ihr auch eine Mail, dass er ihr Verhalten seltsam fand, doch er schien sie nicht nur als „Eintagsfliege“ zu betrachten. |
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Wenige Tage später wurde Nikola in Sachen Supersinne halbwegs fündig: Sie fand im Internet eine Seite, auf der erklärt wurde, wie man das Augenlicht so konzentrieren konnte, dass man nachts sehen und Objekte wie mit einer Kamera heran- und wegzoomen konnte. Der Verfasser schloss nicht einmal aus, dass es eines Tages möglich sein könnte, dass Menschen durch feste Körper hindurchsahen. Nikola fand sogar heraus, dass sich eine Kooperation von Wissenschaftlern der Universitäten Leipzig und Lyon damit beschäftigten. Natürlich waren die entscheidenden Informationen passwortgeschützt, doch vielleicht könnte man irgendwie herankommen. Es schien sich um eine Art Augentropfen zu handeln. |
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Am nächsten Wochenende lernte sie durch und telefonierte nur einige Male mit Marco, der ihr erzählte, dass er ein Auto erstanden hatte: Einen alten Fiesta, den ein Freund von ihm aber frisiert hatte, sodass er schnell fahren konnte. Marco bot Nikola an, in den nächsten Wochen eine Tour mit ihr zu machen. |
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Nikolas Stiefvater Christian warnte sie während der Woche, dass er den Eindruck hatte, jemand habe erfahren, dass sein Serum funktionierte. Er habe mehrere Anrufe wegen des Serums bekommen und auch seine Sekretärin sei schon gefragt worden. Er ermahnte Nikola, noch vorsichtiger zu sein. Die setzte das Serum ohnehin in der folgenden Woche einmal ab, da sie sich in der Schule sicher fühlte und ohnehin dort nicht mit Traumfigur erscheinen konnte. |
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Christian stattete das Haus mit Alarmanlagen aus, sodass sowohl Nikola als auch ihre Mutter als auch Frau Vogel als auch er selbst es jederzeit merkten, wenn jemand Unbefugter im Haus war und wo er sich genau befand. Sämtliche Hausbewohner erhielten eine Fernbedienung, mit der die Lichtschranken kurzfristig ausgeschaltet werden konnten. Mit der gleichen Fernbedienung waren auch Garten- und Garagentor zu öffnen. Es war Nikola selbst, die den ersten Alarm auslöste, als sie von einer Feier nach der letzten Schulaufgabe zurückkehrte und einfach vergaß, dass es auch auf der Zwischentreppe eine Lichtschranke gab. Trotz der Aufregung machten ihre Mutter und ihr Stiefvater ihr aber relativ wenig Vorwürfe. |
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Am folgenden Donnerstag kündigte Marco an, er habe vor in einer Woche, nach Nürnberg und Erlangen zu fahren. Am Freitag wollte er sich noch mit Kumpels treffen, am Samstagnachmittag Nikola besuchen. Die war ab diesem Zeitpunkt nervös und nahm sich vor, alles entsprechend für ein längeres Rendezvous einzurichten. |
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Zunächst einmal sahen sich Nikola und Marco allerdings am Samstag in München. Sie war dieses Mal schon am Nachmittag hingeflogen, da er mit ihr noch einige Zeit im Englischen Garten spazieren gehen wollte. Er entschuldigte sich, dass sie nicht bei ihm übernachten konnte, da seine Eltern erstens Gäste hatten und zweitens nicht ohne weiteres erlauben würden, dass sie in seinem Zimmer schlief. |
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Sie gingen am Abend noch Essen und eine Shisha rauchen, ehe sie spät in der Nacht die Disco, in der sie sich kennen gelernt hatten, aufsuchten, wo sie bis zum Morgen blieben. Diesmal ließ Marco es sich nicht nehmen, Nicola bis zum Hauptbahnhof zu begleiten. Sie musste wohl oder übel in den Zug steigen. |
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Da sie angeblich ein Bayernticket gelöst hatte, konnte sie bereits in München-Pasing den Zug verlassen. Sie suchte eine halbwegs unbeobachtete Stelle und flog dort auf. |
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Zu Hause bekam sie zwar einiges zu hören, warum sie erst morgens zurückgekommen war, zumal sie von ihrem Startplatz nach Hause mit dem Roller gefahren war, obwohl sie nicht ganz nüchtern war, doch es ließ sich verschmerzen. |
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Am Donnerstag und Freitag der folgenden Woche war sie damit beschäftigt, ihr Zimmer passend herzurichten. Sie kaufte ein teures Duftöl und den besten Tabak für Shishas, den sie bekommen konnte. Auch überlegte sie sich genau, was sie anziehen, welches Parfüm sie benutzen und welche Musik sie auflegen sollte. |
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Guter Sekt und Knabberzeug waren zum Glück noch in der Vorratskammer vorhanden, sodass sie nichts kaufen musste. Außerdem war ihr Stiefvater am Wochenende auf einem Kongress und ihre Mutter wollte ihn am Nachmittag besuchen, was sich für Nikola hervorragend traf. |
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Marco erschien am Samstag bereits am späten Vormittag. Sie begrüßten sich mit einem Kuss, doch kaum hatte er sich gelöst, begann er, ihr Zimmer zu inspizieren. Das geräumige Zimmer, vor allem aber Nikolas Computer und ihre Musikanlage faszinierten ihn. |
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„Kennst du dich aus mit Computern oder haben einfach deine Eltern Geld?“, fragte er. |
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„Bisschen beides“, antwortete sie nicht ganz bescheiden. Tatsächlich konnte sie folgen, als er ihr von seinen letzten LANs und seinen Aktivitäten im Internet erzählte. |
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Am Nachmittag hielt er sein Versprechen und fuhr mit ihr durch die Fränkische Schweiz. „Wär bestimmt geil, hier mit dem Motorrad durchzufahren“, meinte er. „Kurven und so – aber im Moment ist mein Geld weg für das Auto.“ Sie aßen in einem Dorf ein Eis, ehe sie nach Hause zurückfuhren, wo sie gemeinsam eine Shisha rauchten. Marco fragte, wohin man in Erlangen gehen konnte. Nikola hatte Bedenken, sich mit ihm sehen zu lassen und schlug vor, ihr Zimmer zu einer Disco zu machen. Sobald es dämmerte, setzte sie ihre Lichtorgel in Gang und Marco war begeistert: „Whow, das ist ja wie in einer echten Disco – nur billiger und mit hübscheren Mädchen.“ „Und weniger nervige Jungs, sondern nur nette – und Raucherlaubnis nicht zu vergessen“, antwortete sie. „Und man riskiert keinen Führerschein, wenn man was trinkt.“ |
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Sie genossen den Abend gemeinsam, wobei die Flasche Sekt nicht das Einzige blieb, was sie tranken. Gegen drei Uhr gingen sie in Nikolas Bett, das breit genug für zwei war – immerhin war es für Nikolas Normalfigur gedacht. |
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Irgendwann wachte Nikola von Markos Stöhnen auf. „Niki, was ist? Was machst du?“, schrie er, als ob ihm etwas wehtat. |
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Sie tastete mit ihren Händen, die sie um seinen Körper geschlungen hatte um sich und spürte, was passiert war: Im Schlaf hatte ihr Bauch sich ausgedehnt und Marco war zwischen diesem und ihren Armen eingequetscht. Mensch! Eingeschlafen war sie noch nie in schlankem Zustand. |
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Sie drehte sich von Marco weg und ließ ihren Körper schlanker werden, stand auf und ging ins Bad. Ihr war schlecht und nicht vom Alkohol. Wenn Marco sich verletzt hatte? Sie konnte ihn schlecht fragen und schon gar nicht die Wahrheit gestehen. |
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Sie ging zurück und zündete sich eine Zigarette an, was sie normalerweise in ihrem Schlafzimmer nie tat. Was sollte sie tun? |
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„Niki? Alles in Ordnung?“ Marco saß plötzlich neben ihr auf der Bettkante. Er zog an ihrer Zigarette. |
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„So lala bei mir. Ich glaub, ich hab bloß schlecht geträumt. Und bei dir?“ |
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„Ich weiß nicht. Mir ist vorgekommen, als ob jemand irgendwas großes, festes gegen mich drückt – wie eine riesengroße Eisenkugel. Aber so was – hast du – doch nicht?“ |
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„Nö.“ Nikola war erleichtert |
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„Irgendwie drückt es immer noch – vielleicht hab ich aber echt bloß zu viel gesoffen“, meinte Marco. |
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„Nicht viel mehr als ich – aber bei mir war’s wohl auch ein bisschen viel“, antwortete sie und küsste ihn. Sie war froh, dass sein Verdacht sich in Grenzen hielt. |
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Irgendwann ging sie wieder ins Bett, doch passte sie gut auf, dass sie nicht einschlief und die Kontrolle über ihren Körper nicht verlor. Am Morgen frühstückten sie noch reichlich und lange, ehe Marco sie verließ – etwa eine Stunde, bevor die Eltern kamen. |
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Sie fragte sich, was er genau mitbekommen hatte und ob er sich ernsthaft verletzt hatte. Er rief die nächsten Tage nicht an und als sie ihn am Mittwoch anrief, war er kurz angebunden – er erklärte ihr, er müsse dringend zu einem Treffen seines Sportvereins. Auch am folgenden Wochenende hatte er keine Zeit. |
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Ein viel größeres Problem hatte allerdings Nikolas Stiefvater: Bereits auf dem Kongress am Wochenende war er bedroht worden. In der Universität hielt er sich ohnehin nur noch in seinem speziell gesicherten Büro, dem zugehörigen Labor und während seiner Veranstaltungen in den entsprechenden Hörsälen und Seminarräumen auf. Am Mittwoch der folgenden Woche jedoch, als er abends heimkam, leuchtete plötzlich das Alarmlicht in Nikolas Zimmer auf. Sie schaute aus dem Fenster, konnte jedoch niemand draußen erkennen. Sie schaltete ihre Stereoanlage aus und sprang auf. Das Licht leuchtete ein zweites Mal und die Sirene ertönte; Nikola schaute auf das Gerät und erkannte, dass es im Treppenhaus sein musste. Sofort rannte sie aus ihrem Zimmer und flog die Treppe hinunter: Ihr Stiefvater kam ihr entgegen, hinter ihm zwei fremde Männer, beide bewaffnet. Nikola baute sich auf dem Absatz in voller Breite auf, sodass sie ihren Stiefvater verdeckte. |
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„Was wollen Sie hier?“, schrie sie die Männer an. |
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„Geht dich nichts an, du fette Ratte! Verschwinde ganz schnell oder es kracht.“ |
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„Nur zu!“ |
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Der Mann zögerte, zu schießen. Dies nützte Nikola aus, um nach seiner Pistole zu greifen, sie ihm zu entreißen und sie zu einem U zu verbiegen. Der zweite Angreifer schoss sofort. Sein Gewehr war halbautomatisch und feuerte mindestens zwanzig Kugeln ab. Kugel für Kugel trafen Nikolas Brust und Bauch, prallten in verschiedene Richtungen zurück und rissen je ein Loch in ihre Bluse. Auch der zweite Mann schoss – er hatte noch eine kleinere Pistole bei sich, die keine Kugeln, sondern ein ätzendes Serum abgab. Nikola schloss instinktiv die Augen, doch als sie sie wieder öffnete, spürte sie weder eine Verletzung, noch sah sie schlechter. Der Mann, der seine Pistole noch hatte, versuchte, sich an ihr vorbeizudrängen, doch sie fuhr |
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ihren Arm aus, wodurch sie ihn die Treppe hinunter warf. Dem zweiten Verbrecher schleuderte sie die verbogene Pistole ins Gesicht, wodurch auch er k.o. war. Ihr Stiefvater bedankte sich überschwänglich, wollte jedoch mit ihr beraten, was sie tun wollten, bevor die Polizei kam. „Ich hab vor allem mit den beiden Jungs noch was zu klären“, rief sie, sprang die Treppe herunter, kniete neben einen der Männer und schüttelte ihn, sodass er aufwachte. |
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„Wie seid ihr auf das Grundstück gekommen?“, fragte sie. |
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„Durch die Tür natürlich!“, antwortete er stöhnend. |
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Sie drückte ihm ihre spitzen Fingernägel ins Gesicht. „Lüg nicht! Wenn ihr durch die Außentür gekommen wärt, hätte die Alarmanlage ausgelöst oder mein Stiefvater euch gesehen. Wann seid ihr hereingekommen?“ |
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Als er nicht antwortete, verstärkte sie ihren Druck: „Wird’s bald?“ |
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„Du wirst sowieso nichts glauben!“ |
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Draußen war die Polizeisirene zu hören. Nikola verstärkte ihren Druck. „Ich weiß, worum es geht. Was meinst du, warum deine Kugeln mir nichts tun konnten? Wie habt ihr euch versteckt?“ |
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„Auah – wir haben Tarnmäntel dabei. Die sind...“ |
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„Halt’s Maul!“, bellte der andere, doch Christian sprühte ihm in diesem Moment das Serum ins Gesicht. „Bieg die Pistole wieder zurecht!“, rief er Nikola zu, die es tat und sich mit ihrem ganzen Gewicht auf dem Mann niederkniete. |
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„Ich bring dich um, wenn du mir nicht sagst, wo die Tarnmäntel sind.“ |
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„Auah, hier, man kann sie zusammenfalten wie Regenjacken.“ Tatsächlich hatte er etwas umgebunden, das wie eine faltbare Regenjacke für Wanderungen aussah. Sie riss sie ihm vom Leib und verzog sich gerade in dem Moment, als die Polizei kam. |
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Christian spielte gegenüber den Polizisten eine überzeugende Rolle: „Ich weiß nicht genau, ob sie hinter Geld her waren oder Informationen über meine Projekte wollten – ich bin Chemieprofessor und habe oft Aufträge von Firmen, bei denen es um viel Geld gehen kann. –Wie wir sie überwältigt haben? Das Haus ist alarmgesichert. Meine Stieftochter hat uns gehört, was sie irritiert hat. So kam ich an diese Waffe“, er zeigte die Pfefferpistole vor, „und konnte einen von ihnen außer Gefecht setzten. Er ließ seine Waffe fallen und Nikola warf sie dem anderen ins Gesicht. Als der Mann hier versucht hat, sich den Pfeffer aus den Augen zu wischen, ist er offenbar gestolpert und die Treppe heruntergefallen.“ |
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Der Polizist sah sich die Waffen an, während sein Kollege den beiden Einbrechern Handschellen anlegte und sie abführte. |
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„Sie haben eine Genehmigung, Herr Professor Volkmann?“ |
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„Ich weiß nicht – ich habe die Pistole in der Schweiz gekauft, da ist sie frei.“ |
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„In Deutschland aber nicht. Wir werden uns später sprechen müssen. Sie müssen ohnehin noch genauer aussagen.“ Er half seinem Kollegen, den Verbrecher abzuführen und vereinbarte mit Christian, dass sie am folgenden Freitagmittag ins Polizeirevier kommen sollten, um auszusagen. |
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„Kommst du kurz mit, Nikola? Ich denke, wir müssen einiges klären“, bat Christian, als die Polizisten gegangen waren. Sie bat darum, noch kurz in ihre Zimmer gehen zu dürfen, um sich umzuziehen. Ihre Bluse konnte sie vermutlich vergessen. Außerdem brauchte sie noch eine Zigarette, bevor sie in sein Arbeitszimmer kam. Er hatte sich einen Whisky eingegossen und bot auch ihr einen an. |
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„Super Geschichte!“, begann sie. „Hab echt beinahe geglaubt, du erzählst die Wahrheit.“ |
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„Dir ist natürlich klar, worum es geht. Ich weiß nicht, ob sie dich gesehen haben, aber auf jeden Fall wissen sie Bescheid. Die beiden werden zwar im Gefängnis bleiben, aber ihre Auftraggeber sind noch frei und werden andere Möglichkeiten haben – ich schließe nicht einmal aus, dass sie Waffen haben, mit denen sie auch dich verletzen können.“ |
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Nikola nickte. „Das hast du schon einmal gesagt. Aber was wirst du selbst machen? Willst du sehen, ob du auch ein Serum für Männer entwickeln kannst?“ |
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„Ich habe es mir überlegt, aber vermutlich brauche ich Andromagin und das haben wir nicht vorrätig. Ich fürchte, man schaut mir zu genau auf die Finger, was ich bestelle. Es ist außerdem gut möglich, dass die Polizisten noch etwas feststellen. Wir müssen uns sehr genau auf die Befragung vorbereiten. |
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Vor allem aber dürfen weder auf deinem noch auf meinem Computer noch Dateien zu finden sein, mit denen man irgend etwas erfahren kann.“ |
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Nikola versuchte sich zu merken, dass sie ihren Verlauf leeren musste. |
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„Zuerst aber habe ich dir zu danken – und natürlich darfst du dir etwas wünschen.“ |
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Sie wünschte sich das Vimagin, das notwendig war, um das Serum herzustellen. Außerdem fragte sie ihren Stiefvater, ob er eine Ahnung hätte, wie man die Dauer der Wirkung verbessern könnte. Er hatte tatsächlich eine mögliche Lösung, die sie ausprobieren wollte. |
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Neben dem Vimagin bekam sie auch noch teure Ohrringe, die ihr aber derzeit nicht wichtig waren. Zunächst einmal probierte sie den Tarnmantel aus. Bei ihrem normalen Körperumfang war er ihr zu eng, doch wenn sie sich schlank machte, passte er. |
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Einen Tag nach dem Einbruch braute sie neues Serum und nahm es ein. Tatsächlich ließ die ganze folgende Woche ihre Kraft nicht nach. |
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Bei der Polizei gab es wenige neue Erkenntnisse. Christian blieb bei seiner Geschichte. Nikola wurde befragt, warum ihre Bluse ausgesehen hatte, als ob sie durchschossen war. Sie gab zu Protokoll, der Einbrecher habe nicht richtig getroffen und sie habe die Bluse halb offen getragen, sodass sie am Aufschlag zerfetzt worden sei. Leider könne sie ihre Bluse nicht zur Untersuchung geben, da sie diese weggeworfen hatte. Immerhin stimmte der letzte Satz. |
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Mithilfe ihres Tarnmantels beschloss Nikola, sich an der Leipziger Universität umzusehen. Sie hatte im Internet Bilder der Personen gefunden, die möglicherweise mit den Augentropfen beschäftigt waren. So flog sie an einem Tag, als der betreffende Professor seine Feriensprechstunde hielt – die Vorlesungszeit war in Sachsen beendet – nach Leipzig, fand ihn aber nicht vor. Seine Sekretärin, bei der sie sich als Studentin ausgab, behauptete, er sei kurzfristig verhindert und sie solle ihn per e-Mail kontaktieren. Leider stand er auch nicht im Telefonbuch. |
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Sie fluchte bereits, als sie ein neues, aus dem Internet bekanntes Gesicht erblickte: Jens Herbrecht, den Assistenten dieses Professors. |
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