Stephanie raste die Straßen entlang, sodass Max ihr kaum nachkam. Als sie die Auen erreicht hatte, musste sie zwar mehrmals Spaziergängern und Joggern ausweichen, sobald die Strecke jedoch halbwegs frei war, beschleunigte sie auf 50, 55 und schließlich über 60 km/h. Sie hatte Max weit hinter sich gelassen und wartete, als sie eine Abzweigung nahm, damit er sie nicht übersah. |
Als sie eine Wiese erreicht hatte, bremste sie, sprang ab und ließ ihr Rad fallen. Bis Max nachkam, machte sie Dehnübungen und schließlich einige Liegestütze. |
„Mensch, Steffi, du hast nen Zahn drauf!“, keuchte er, als er endlich den Hügel hinaufkam. Sie stellte sich in Kampfposition: „Ich hab dir gesagt, ich bin gerade erst warm geworden. Also los! – Oder willst du erst ne Verschnaufpause?“ |
„Gern, wenn du mitmachst.“ Er versuchte, sie zu küssen, doch sie schob ihn weg: „Knutschen darfst du erst, wenn du mich entweder besiegt hast, oder wenn ich es selber will, klar? – Also, sag Bescheid, wenn du bereit bist!“ |
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Schnell stand Max auf und stellte sich ihr gegenüber. Seine erste Attacke kam allerdings eher unentschlossen, sodass Stephanie sofort die Initiative übernahm. Sie boxte abwechselnd links und rechts, wobei sie immer kurz vor Max‘ Körper stoppte. Er blockte mehr oder weniger erfolgreich, bis sie ihn mit einem Fußfeger zu Fall brachte und sofort in eine Beinschere nahm. „Typischer Fall von nicht aufgepasst!“, kommentierte sie. „Du hättest dir denken können, dass ich irgendwann mit dem Bein angreif‘.“ |
Beim nächsten Kampf setzte sie abwechselnd Schläge und Tritte ein, stoppte diese jedoch stets vor seinem Körper. Er wich immer weiter nach hinten aus, bis er schließlich stolperte und stürzte. Ehe er sich wieder aufrappelte, befand er sich im Schwitzkasten und musste erneut aufgeben. „Ohne Berührung zu Fall gebracht! Öfter mal was Neues!“ |
Zwei Sekunden, nachdem er aufgegeben und sie ihn erlöst hatte und eine, nachdem sie sich wiederum einander gegenübergestellt hatten, hebelte sie ihn schon wieder geschickt aus. |
Im nächsten Kampf wartete sie zunächst auf seinen Angriff, doch der kam nicht. „Wenn du keinen Bock hast, bitte!“ Sie hob ihn von den Beinen und schleuderte ihn zu Boden. |
Als er danach wieder nicht angriff, reichte es ihr: „Jetzt hast du dir Strafe verdient!“ Ihrer rechten Faust wich er aus, mit der linken traf sie ihn und er stürzte zu Boden. Sie schätzte, dass sie nur mit etwa 60 Prozent ihrer Kraft zugeschlagen hatte; außerdem war ihre linke Faust schwächer. Dennoch blieb Max liegen. Sie stellte ihren Fuß auf seinen Bauch und fotografierte die Szene mit ihrem Smartphone, während sie sich schon überlegte, wie sie es zeichnerisch darstellen könnte. Mehrere Motive kamen ihr in den Sinn: Max als Riese, sie selbst als Engel oder Supergirl. |
Als Max nach einer knappen Minute immer noch am Boden lag, beugte Stephanie sich hinunter. Sie fühlte seinen Atem und stellte erleichtert fest, dass nichts passiert war. Anschließend küsste sie ihn auf Stirn und Mund, was ihm offenbar wieder Energie gab: Er zog sie an sich und wollte sie seinerseits küssen, doch wieder riss sie sich los: „Ich hab gesagt, wir knutschen, wenn ich das will, nicht eher. Also steh auf und kämpf anständig, sonst hau ich voll zu und lass dich hier liegen!“ |
Max konnte zwar problemlos wieder aufstehen, doch auch die nächsten Kämpfe dauerten nur Sekunden. Einige Male konnte er zwar Treffer landen, doch sie spürte die Schläge durch ihre Bauchmuskeln gar nicht. Sie selbst schlug gar nicht mehr voll zu, sondern brachte ihn ausschließlich mit Würfen und Kniffen zu Fall. |
„Zwei Versuche noch, ehe du die Belohnung kriegst“, kündigte sie an und ließ sich zu Boden fallen. „Nimm mich in den Schwitzkasten! Sag, wenn du fertig bist!“ |
Er tat es und fixierte sie auch gekonnt, doch ihre Arme waren zu stark und beweglich für ein solches Manöver: Mit einer schnellen Drehung und einem Anspannen der Muskeln befreite sie ihren rechten Arm, verpasste Max einen Handkantenschlag, der ihn für einige Sekunden außer Gefecht setzte, wodurch sie sich völlig befreien und ihn unter sich bringen konnte. Er versuchte die gleiche Methode, doch sie drückte seine Arme fest und genau an den richtigen Stellen nieder, sodass er sie kaum bewegen konnte. Wieder musste er aufgeben. |
„Letzter Kampf!“ Sie legte sich wieder hin und befahl ihm, sie in eine Beinschere zu nehmen. Ihre Muskeln hielten jedoch dem Druck seiner Oberschenkel problemlos stand und mit den Armen drückte sie seine immerhin ebenfalls muskelbepackten Beine beiseite wie eine Schiebetür. Anschließend schleuderte sie ihn über sich hinweg und nahm ihn ihrerseits in eine Beinschere. Nach Sekunden glaubte er, ersticken zu müssen und gab auf. |
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„So, jetzt hat das Steffilein genug gespielt!“, stellte sie grinsend fest, stand auf und spannte ihre Bizeps an wie eine Profibodybuilderin. „Und jetzt kommt dass Lieblingsspiel vom Mäxchen!“ Max stand auf und küsste sie leidenschaftlich, obwohl es kaum eine Stelle an seinem Körper gab, die nicht schmerzte. Bald schon lagen sie wieder übereinander auf dem Boden. Diesmal ließ auch Stephanie sich nach unten rollen. Sie erschrak jedoch über ihre eigene Kraft, als Max nach Luft japste, während sie ihn fest umarmte. |
So stolz sie war, dass sie deutlich stärker als Max geworden war, begann sie sich langsam zu wundern: Dass sie so viel Kraft zugelegt hatte, war trotz Training eher unwahrscheinlich. |
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„Was machen wir weiter mit der Bande?“, wollte Max wissen, als sie später engumschlungen auf dem Boden hockten. |
„Wie gesagt: Lucie wird uns erzählen, wie ihr Typ heißt und dem werden wir sagen, dass wir Fotos von ihm und seinen Kumpels haben, die wir veröffentlichen, wenn sie nicht aufhören und alles zurückgeben, was sie geklaut haben. Außerdem kriegen sie dann nochmal Prügel und zwar schlimmere als heute.“ |
„Ich hätte es ihnen heute nochmal gegeben, vor allem an deiner Stelle.“ |
„Wieso an meiner?“ |
„Wenn du sie zusammenschlägst, wird das keiner von ihnen laut sagen; bei mir kann sich schon eher einer beschweren und ich flieg aus dem Verein. Aber bei dir – wer gibt schon gern zu, dass ein Mädchen ihn k.o. geschlagen hat?“ |
„Wenn du meinst. Trotzdem kann es Gerüchte geben, auf die ich verzichten kann.“ |
„Die kann es jetzt schon geben. Wir haben sie ja schon verprügelt und waren dabei nicht maskiert oder so. Wenn wir so was anfangen, dann können wir’s auch gleich ganz machen.“ |
„Hast vielleicht Recht. Ich will ihnen aber noch ne Chance geben. Wir haben ihre Kennzeichen, können also zu den Bullen, wenn’s eng wird. Wenn sie ab jetzt nichts mehr anstellen und das, was sie geklaut haben, zurückgeben, passiert ihnen nichts weiter; wenn sie weitermachen, gibt`s richtig Dresche!“ |
„Gute Idee!“ |
Sie saßen noch einige Zeit beieinander, küssten sich immer wieder und fuhren schließlich am späten Nachmittag zurück. |
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Zwei Tage später erwischte Stephanie Lucie tatsächlich allein – in der Mittagspause auf der Toilette. Sie schob sie in eine Kabine und schloss die Tür zu. |
„Lass mich los oder ich schreie!“, drohte Lucie. |
„Das wirst du nicht tun!“ Stephanie hielt ihr mit der linken Hand den Mund zu und drehte mit der rechten Lucies rechten Arm um. Lucie verzog das Gesicht. |
„Wenn das wehgetan hat, dann mach ab jetzt das, was ich von dir will. Und wehe du verpetzt mich! Dann brech ich dir ein paar Knochen!“ |
„Was – wie viel willst du?“, brachte Lucie heraus. |
„Ich will kein Geld. Ich will wissen, wie dein Freund heißt und wo er wohnt; und wer seine Kumpels sind; und dass du der Annika ihre Kette zurückgibst.“ |
„Was soll das? Ich hab keine Kette von wem anderen geklaut!“ |
Stephanie drehte ihr die Arme auf den Rücken: „Ich schätz, dein Macker hat sie dir geschenkt. Und du weißt sehr wohl, wo er sie herhatte. Also los und keine Zicken, sonst hau ich dich mit dem Kopf gegen die Schüssel!“ Sie gab Lucie einen Zettel und einen Kugelschreiber in die Hand. „Und wehe, du schreibst jetzt was Falsches auf!“, drohte sie. |
Lucie schrieb drei Namen und zwei Adressen auf den Zettel. „Vom Serkan weiß ich nicht, wo er wohnt. Und wie die anderen in der Clique heißen, weiß ich auch nicht.“ |
„Wollen wir hoffen, dass das stimmt. Inzwischen kannst du deinem Macker ausrichten, er soll alles, was er geklaut hat, zurückgeben, sonst kann er was erleben!“ |
Max hatte Bedenken, als Stephanie ihm davon erzählte: „Die Lucie kann dich verpfeifen und dann stehst du dumm da!“ |
„Wenn ich zum Chef muss, ist halt nichts passiert. Ich hab ihr extra keine Blauen Flecken oder sonstwas gemacht und geschaut, dass es keine Zeugen gibt. Soll er mir beweisen, dass das nicht stimmt!“ |
Tatsächlich trug drei Tage später Annika ihre Kette wieder und die anderen Sechst- und Siebtklässler verhielten sich nicht mehr auffällig. Niemand sprach jedoch Stephanie oder Max direkt an. |
„Ich hoffe, die merken sich das“, meinte Stephanie. „Obwohl – langsam krieg ich ein bisschen Lust auf Wiederholen.“ |
„Die Chance kriegen wir bestimmt nochmal“, meinte Max. |
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Zunächst einmal mussten die beiden allerdings erfahren, dass sie sich für einige Wochen trennen würden müssen: Max wollte gemeinsam mit seinem Bruder in der Rhön Drachenfliegen; anschließend würde er mit den Eltern weiter in den Harz fahren. Stephanies Eltern hatten für die zweite bis vierte Woche Spanien gebucht. Es war zwecklos, zu fragen, ob einer mit der Familie des anderen mitkommen dürfe. |
„Schade! Das werden vier Wochen ohne dich!“ Max nahm sie fest in die Arme und küsste sie. |
„Weiß nicht, wie ich das überstehen soll! Aber du kannst schon mal fliegen üben!“ Mit einem schnellen Wurf beförderte sie ihn punktgenau auf ihr Bett, hob ihn auf, wirbelte ihn durch die Luft und stellte ihn wieder auf die Füße, nur um ihn anschließend auf den Boden zu schleudern. Anschließend ließ sie sich auf ihn fallen, ohne ihn allerdings in den Schwitzkasten zu nehmen. Am Boden balgten sie sich nur noch sanft, ehe sie sich leidenschaftlich küssten. |
„Wir müssen jedenfalls die Tage, die wir noch haben, gemeinsam genießen. Am Donnerstag ist erster Ferientag – ich tät sagen, wenn das Wetter passt, ab zum Rothsee!“ |
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Stephanie war einverstanden und das Wetter ebenfalls schön. Am Donnerstagmorgen stand sie früh auf und schaute sich in ihrem Kleiderschrank um. Sie wollte einigermaßen gut aussehen, aber doch so, dass sie beim schnellen Radfahren nicht behindert wurde. Sie entschied sich für ein pinkfarbenes, enges Top, das jede Kurve ihres Oberkörpers betonte. Dazu hatte sie auch farblich passenden Nagellack. |
Sie grinste über sich selbst: Vor wenigen Monaten hätte sie es noch als absolut tussenhaft angesehen, weit weniger als ein anderthalb Meter langes Regalbrett voller Schminkutensilien oder zehn verschiedene Tops in grellen Farben und zu jedem den passenden Nagellack zu besitzen. Ihr Verhältnis zu ihrem eigenen Körper hatte sich zweifellos stark verändert, seit sie mit Max zusammen war. |
Zu ihrem Körper gehörten allerdings auch ihre Muskeln und die trainierte sie, wie jeden Tag, noch vor dem Frühstück intensiv: Sie machte 100 Liegestütze, stemmte mit jeder Hand 20 kg schwere Gewichte, mal gleichzeitig, mal abwechselnd, mal zur Seite gestreckt, ließ 80 Kniebeugen folgen und ging schließlich noch aufs Laufband, ehe sie ins Bad zum Duschen ging. Anschließend zog sie sich an, schminkte sich und machte Frühstück, wobei ihre Mutter sich wunderte, dass sie trotz Ferien schon als erste auf war. |
Gestärkt und gestylt fuhr sie schnurstracks zu Max in der Hoffnung, diesen noch schlafend vorzufinden und wecken zu können, doch der hatte damit gerechnet und saß beim Frühstück, als sie kam. Sie begrüßten sich mit einem Kuss. „Du siehst toll aus!“, fand er. „Dabei gehen wir doch heute gar nicht tanzen, oder? Was machst du, wenn deine Schminke nass wird?“ |
Stephanie kicherte: „ Da hab ich drangedacht: Die ist wasserfest. – So, jetzt isst das Mäxlein brav auf und packt zusammen, damit es gleich mit seinem Steffilein wegfahren kann!“ Sie hob ihn über die Schultern und trug ihn in die Küche zurück. |
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Eine knappe halbe Stunde später saßen sie auf ihren Fahrrädern. Bis zum Kanal schwammen sie im Stadtverkehr mit, danach machten sie Tempo, auch wenn sie oft mehrmals klingeln mussten, um Familien zu überholen. |
„Mensch, Steffi, wart doch mal!“, rief Max. Stephanie drehte sich um und sah ihren Freund weit hinter sich. War sie so schnell gefahren, dass sie ihn in so kurzer Zeit so weit abgehängt hatte? Sie drückte an ihrem Fahrradcomputer auf Durchschnittsgeschwindigkeit und sah, dass sie mit 50,8 km/h gefahren war – und dabei war die Hälfte der Strecke Stadtverkehr. Da konnte sie wirklich stolz auf sich selbst sein. |
Bis zum Rothsee achtete sie darauf, dass Max mithalten konnte; dennoch schafften sie die 30 Kilometer lange Strecke in weniger als 40 Minuten. Schnell zogen sie Fahrradsachen und Schuhe aus und stürzten sich ins Wasser. Auch beim Schwimmen war Stephanie ihrem Freund deutlich überlegen, auch wenn beide deutlich weiter hinausschwammen als alle anderen Jugendlichen am Ufer. |
Nachdem sie eine längere Strecke geschwommen und sich zwischendurch gegenseitig untergetaucht hatten, legten sie sich in die Sonne. Stephanie merkte dabei nicht, wie sie einschlief. Plötzlich jedoch spürte sie, dass jemand sie festhielt. Sie öffnete die Augen: Max trug sie auf den Armen in Richtung See. Diesmal hatte er ihre Arme und Beine geschickt fixiert, doch Stephanie brauchte nur Sekunden, um einen Plan zu fassen, wie sie sich befreien konnte. Sie ließ sich weitertragen, bis Max das Wasser bis zur Brust stand, dehnte dann ihren Oberkörper, sodass sich ihre Beine leicht verschoben und konnte sich so freistrampeln. |
„Danke, dass du mich hergetragen hast! Sehr lieb von dir!“ |
Max erschrak und mit einem schnellen Ruck bekam sie die rechte, mit einem Handkantenschlag auch die linke Hand frei. Sie stemmte sich auf Max‘ Schultern und schlug darüber ein Rad ins Wasser. Noch im Sprung griff sie unter seine Achselhöhlen und schleuderte mit ihrem eigenen Schwung Max über ihren Kopf ins Wasser. „Dafür kriegst du ein Gratisbad als Belohnung!“ |
Max fing sich schnell wieder und versuchte, sie unterzutauchen, was sie jedoch unterband. |
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Wieder zurück am Ufer entschloss Stephanie sich, eine Grafik zu zeichnen, wie Max unter Wasser von einem Raubfisch angefallen wurde und sie ihn rettete. Max holte inzwischen Getränke. |
Als er zurückkam, versteckte sie die Zeichnung: „Erst schauen, wenn ich fertig bin!“ Er murrte, begann aus Spaß eine Balgerei, gab aber schnell auf, als sie ihn unter sich gebracht hatte. „Ok, ich geh solang nochmal ins Wasser!“ |
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Stephanie musste sich zwingen, zwischendurch zu schauen, was Max tat. Es war eine ihrer Schwächen, so voll in ihre Arbeit versinken zu können, dass es leicht war, sie zu überraschen. Als sie das erste Mal aufschaute, war Max noch im Wasser; beim zweiten Mal sah sie ihn weit entfernt von ihrem Platz an Land gehen. Das hieß, er führte etwas im Schilde. |
Sie griff in ihre Tasche, holte ihren Schminkspiegel heraus und tat, als wolle sie sich die Wimpern nachtuschen, doch in Wahrheit schaute sie in den Verkleinerungsspiegel und sah tatsächlich Max näherkommen. |
Als er noch gut 100 Meter entfernt war, legte sie den Spiegel zurück und wandte sich scheinbar wieder ihrer Zeichnung zu, nur um, sobald er nahe genug war, blitzschnell aufzuspringen und zuzutreten. |
Sie hatte damit gerechnet, dass er entweder blocken oder ausweichen würde, doch offenbar war ihr Angriff zu schnell für eine Reaktion gekommen. Sie traf seinen Solarplexus und er wurde in die Luft gehoben. Schnell sprang sie bei und fing ihn auf; ernsthaft verletzen wollte sie ihn nicht. Sie spürte seinen Kopf gegen ihren Oberarm schlagen, doch konnte sie seinen Körper fangen und legte ihn sanft auf die Erde. Schnell merkte sie, dass er bewusstlos war. |
„Meine Güte!“, rief sie. „Hab ich so fest zugehauen?“ Sie küsste ihn auf die Stirn und legte ihn in die stabile Seitenlage. Danach zeichnete sie fertig. |
Als Max immer noch nicht reagierte, nahm sie ihn in die Arme und wog ihn auf ihrem Schoß hin und her. „Mein Baby! Es wird gut! Mama wird sich schon um dich kümmern.“ Sie drehte ihn auf die Knie, was sie zu einer neuen Zeichnung inspirierte. Dafür legte sie ihn wieder in die stabile Seitenlage. |
Als sie mit der Zeichnung fertig war, merkte sie, dass er langsam die Augen öffnete. Sie schloss den Block und nahm seinen Kopf in die Hände: „Wenn wir noch was machen wollen, solltest du langsam aufwachen!“ |
Er war bereits wach und küsste sie. „Oh Mann, Steffi!“, stöhnte er. |
„Ich hab dir gesagt, du sollst mich in Ruhe lassen, wenn ich am Zeichnen bin. Aber weil du so brav warst, darfst du dir eins aussuchen. Mach ich’s halt nochmal.“ |
„Das, auf dem ich vor dir knie. Passt für unsere Beziehung. – Kannst mich ruhig nochmal verprügeln, aber das hab ich gesehen; du hast nicht gemerkt, dass ich schon wieder wach war.“ |
„Du Lauser! Ausgetrickst! – Okay, versprochen ist versprochen. Aber erst daheim – oder kannst du’s irgendwie feststellen, dass es nicht verknittert?“ |
Er schüttelte den Kopf. „Okay, dann daheim. – Gehen wir nochmal Schwimmen und wenn wir trocken sind, ein Eis essen, okay? In Roth gibt’s ne gute Eisdiele.“ |
„Gute Idee! Also los!“ |
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„Bist du böse, wenn ich bis Roth noch mal powern will?“, fragte Stephanie, als sie ihre Räder aufschlossen. „Ich will mal schauen, wie schnell ich werden kann und es ist, glaub ich, ganz gut beschildert. Wenn du’s nicht packst, treffen wir uns beim Ortsschild.“ |
„Was soll das? Ich komm dir nach! Also los!“ |
Sie verstauten ihre Taschen in den Fahrradkörben und sausten los. Stephanie hatte schnell 60 km/h erreicht, bald auch über 70. Ihre Spitzengeschwindigkeit lag bei 105, allerdings bergab. Am Ortsschild von Roth war Max längst außer Sicht; die Durchschnittsgeschwindigkeit zeigte 72,4 an. |
„Cool! Nächstes Mal hol ich die Jungs sogar ein, wenn sie auf 80ern unterwegs sind“, sagte sie zu sich selbst. |
Es dauerte über fünf Minuten, bis Max kam, obwohl auch dieser einen Schnitt über 50 erreicht hatte. „Mensch! Was für einen Motor hast du denn?“ |
„Den hier!“ Sie zeigte auf ihre Oberschenkel. „Mach dir nichts draus!“ |
Sie umarmte und küsste ihren schwitzenden Freund. „Also los! Jetzt haben wieder ein paar Kalorien Platz. |
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„Wie kommt ihr weiter?“ Weder der Mann noch das Mädchen hatten das Eintreten der Frau, deren Gesicht leuchtete wie die Sonne, bemerkt. |
„Es funktioniert, kaiserliche Hoheit!“ |
„Kaiserliche Hoheit mögen bedenken, dass dero Herr Vater befohlen hat, es soll so weit wie möglich mit irdischen Kräften gehen. Es gibt auf der Erde nun einmal Substanzen, die…“ |
Die Frau schickte einen Feuerstrahl, der den alten Mann verletzte. „Glaub nicht, du müsstest mich belehren, Kerl! Ich will Zahlen hören.“ |
„Die Computerberechnungen sagen noch nicht sicher aus, wie weit ihre Kraft verstärkt werden kann. Mit fast völliger Sicherheit mehr als 300fach. Zwischen den Faktoren 500 und 1000 gehen die Berechnungen auseinander.“ |
„Das ist so gut wie nichts, Kerl.“ |
„Dennoch. Kaiserliche Hoheit mögen geruhen, Dero Herrn Vater selbst zu fragen; Seine Majestät haben selbst geruht, mir zu befehlen, was ich Kaiserlicher Hoheit untertänigst gesagt habe. – Sobald also die Kräfte der Versuchsperson nicht mehr deutlich zunehmen, werden wir sie genauer untersuchen; es geht dabei auch darum, wie stark ihre sonstigen Fähigkeiten sind. Darauf werden dann technische Unterstützungen aufbauen.“ |
„Und wann wird das sein?“ |
„Das hängt davon ab, welches Niveau die Versuchsperson erreicht. Ich glaube, wir haben den Bericht geschickt, wie stark ihre Kräfte im Schnitt pro Tag steigen; dies scheint, soweit wir das aus der Ferne beobachten können, seit einigen Erdenwochen konstant zu sein.“ |
„Das weiß ich. Sobald sich etwas ändert, will ich das wissen. Das ist ein Befehl.“ |
„Selbstverständlich, Kaiserliche Hoheit!“ |
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Die Frau mit dem leuchtenden Gesicht verschwand. |
„Ich mag sie nicht“, murmelte das Mädchen. |
„Das sollst du nicht sagen. Das sollst du nicht einmal denken. Du weißt, dass die Mitglieder der kaiserlichen Familie unsere Gedanken sehen können.“ |
„Und was ist, wenn sie uns aus Wut tötet? Ich glaube, sie wäre fähig dazu.“ |
„Das glaube ich nicht. Die Prinzessin geruht, manchmal etwas ungestüm zu sein, doch sie weiß genau, dass und warum Seine Majestät unserer Meinung sind: Einige Substanzen auf der Erde sind für uns giftig und da wir nur ferngesteuert testen können, steht nicht einmal fest, ob unsere Elektronik auf der Erde voll funktioniert. Daher brauchen wir einen Erdling, aber einen, der stark genug ist, die Belastungen auszuhalten. Unter Zeitdruck stehen wir zurzeit nicht; weder gibt es Krieg, noch ist die Bevölkerung in letzter Zeit so stark angestiegen, dass wir sofort den neuen Planeten besiedeln mussten, wie es auf Darna der Fall war. Damals gab es ja mehrere tausend Tote, bis wir Gegenmittel gegen alle schädlichen Substanzen hatten… |
„Ihr rechnet Epsilons wie vernunftbegabte Wesen, Herr?“ |
„Ja, das tue ich. Und auch Seine Majestät wissen, dass man auch Epsilons nicht unbegrenzt opfern kann; nicht einmal Bewohner besiegter Planeten. Bevor der erste von uns die Erde betritt, müssen wir genau feststellen, wie wir Dinge wie auf Darna vermeiden können und wie uns die Erdlinge helfen können.“ |