Die Auserw?hlte

 

von Spectator2 (propertius<at>web.de

 

Stephanie ist anders ? wesentlich gr??er und starker, aber auch intelligenter als ihre Altersgenossen. Dazu kommt ein leichter Autismus. Das w?re schon genug Stoff f?r Probleme, doch es soll nicht alles bleiben.

 

 

?Du hast also eine Kandidatin, sagst du?!?

?Sieht so aus. War schwer, sie zu finden, aber die d?rfte passen. Ich werde sie noch einige Zeit beobachten und dann einweihen.?

?Du wei?t, worauf du achten musst??

?Ja, Herr! Das haben Sie mir schon oft gesagt.?

 

Stephanie Kaiser nahm es kaum wahr, dass neben ihrem Deutschlehrer auch noch der Konrektor und ein fremder Junge im Raum standen.

?Guten Morgen, Klasse 7d!?, rief der Konrektor, worauf sie St?hler?cken h?rte. Auch Stephanie stand auf.

?Ab heute habt ihr einen neuen Mitsch?ler, Max Bergmeier. Er sah sich um und ging durch den Raum. ?Ist der Platz neben dir frei??

Stephanie antworte mit einem brummigen ?Hmmja? und hob ihre Schultasche vom Stuhl neben sich, worauf der Junge sich neben sie setzte.

Sie schaute ihn nur kurz an. Er war etwa so gro? wie sie, mit ?ber 1,80 m die gr??te in der Klasse, und st?mmig, soweit sie das unter seinem Pullover erkennen konnte. Ansonsten befasste sie sich w?hrend des Unterrichts kaum mit ihrem neuen Banknachbarn. Sp?ter, in der Pause, bekam sie mit, dass er von einer anderen Schule verwiesen worden war. Ihre Englischlehrerin, Frau Steger, bemerkte auch ?Na, ob ausgerechnet diese Nachbarschaft guttut?!?

Dabei war Stephanie keine St?rerin. Da ihr die meisten F?cher leicht fielen, schaltete sie allerdings ab, wenn die Lehrer etwas zum dritten Mal erkl?ren mussten. Dann las sie lieber in einem mitgebrachten Buch, malte oder surfte ?ber ihr Smartphone im Internet. Die meisten Lehrer akzeptierten das mehr oder weniger, da sie ohnehin mit denen, die laut wurden oder andere ablenkten, genug zu tun hatten.  Frau Steger allerdings war der Meinung, die Sch?ler h?tten die ganze Zeit voll konzentriert zu sein. Stephanie hatte bereits mehrere Strafarbeiten und einen Hinweis wegen Fremdbesch?ftigung bekommen, obwohl sie inzwischen sehr geschickt darin war, Dinge unter der Bank oder in den B?chern zu verstecken.

Max wurde in Englisch zweimal aufgerufen und Stephanie bemerkte, dass er recht unsicher war.

 

Auf dem Heimweg und im Kickboxtraining am Nachmittag und bei den Hausaufgaben am Abend dachte sie nicht mehr an ihren neuen Banknachbarn. Am n?chsten Tag vor der Schule h?rte sie von den Jungen mit, dass er ein ziemlich guter Handballspieler sein musste.

An diesem Tag wurde es w?rmer und Max zog seinen Pullover aus. Darunter kamen ausgesprochen muskul?se Arme zum Vorschein, worauf Stephanie zum ersten Mal richtig auf ihren Nachbarn aufmerksam wurde. Der schien es auch zu bemerken. ?Na? Gef?llt dir, was du siehst??

?Nicht schlecht!?, lobte Stephanie und zwickte ihn in den Arm. Die Muskeln waren hart und durchtrainiert. ?Du trainierst sicher regelm??ig?!?

 ?So eine Stunde am Tag! Au?erdem mach ich Taekwondo, da geh?rt Krafttraining dazu.?

Sie h?tte gern mehr mit ihm ?ber Kampfsport gesprochen, doch wollte sie sich nicht zu schnell outen.  Aus dem gleichen Grund zog sie, obwohl auch ihr warm war, ihren weiten Pullover nicht aus: Unter ihrer Bluse h?tte man erkennen k?nnen, dass auch ihre Arme muskelbepackt waren. Ihre Gr??e, K?rperkraft und Kampfsporterfahrung hatten dazu gef?hrt, dass sie von den anderen zwar respektiert wurde, dass man ihr aber meist distanziert begegnete.

Ihr fiel auf, dass er mehrmals zu ihr hin?berschaute, wenn sie wieder mit ihrem Smartphone besch?ftigt war, vor allem, wenn sie Kampfsportseiten geladen hatte. Klar, er hatte gesagt, er machte selbst Taekwondo; er sprach sie allerdings nicht darauf an.

 Diesmal hatten sie Englisch am Nachmittag. Max wurde an die Tafel gerufen und hatte wieder seine Schwierigkeiten. ?Du, Steffi?, fl?sterte er am Ende der Stunde, wobei er rot wurde. ?Wir waren in Englisch noch nicht so weit wie ihr und du bist offensichtlich ziemlich gut. Kannst du mir?mal das? mit der indirekten Rede erkl?ren??

Stephanie ?berlegte: ?Heute nach der Schule muss ich gleich zum Training und am Abend hab ich wohl auch keine Zeit; au?erdem machen die Alten wohl Stress, wenn da noch wer kommt. Passt dir morgen nach der Schule??

?Okay, gern.?

?Bei mir ist mittags keiner daheim. Also, am besten, du kommst dann mit mir. ? Du f?hrst auch mit dem Fahrrad, oder?

Er nickte und schien wieder rot zu werden. War dieser starke Junge so sch?chtern?

 

Am n?chsten Tag war Max offener: Er wollte wissen, welches Training Stephanie am Vortag gehabt hatte.

?Jiu-Jitsu?, fl?sterte sie.

?Machst du das schon l?nger??

?Ein Jahr jetzt. Hab den gelben G?rtel. Und seit wann machst du Taekwondo??

?Seit f?nf Jahren. Hab den blauen G?rtel und will bald den braunen machen.?

?Dann bist du aber gut!?

Das Eintreten des Mathematiklehrers beendete die Unterhaltung.

 

Am Mittag fuhren sie gemeinsam zur Wohnung von Stephanies Eltern. Dort machten sie sich erst in der K?che belegte Brote, ehe sie in Stephanies Zimmer gingen, um zu lernen. Max bewunderte ihre Pokalsammlung. ?Karate??, wunderte er sich, als er eine Urkunde las. ?Ich hab gedacht, du machst Jiu-Jitsu.?

?Ich hab sieben Jahre Karate gemacht und gut sechs Judo. Seit letztes Jahr hab ich Jiu-Jitsu angefangen und seit Februar Kickboxen. Ich wollte mal was Neues lernen. ? Okay, erst mal Englisch!?

Sie tat sich etwas schwer, Max die indirekte Rede verst?ndlich zu erkl?ren. F?r sie war es sofort klar gewesen.

Immerhin war Max nicht v?llig schwer von Begriff und nach einer guten halben Stunde konnte er es und machte auch die ?bungen im Arbeitsbuch fast fehlerfrei.

L?ngst sa? er im T-Shirt da, sodass man bei jeder kleinsten Bewegung seine Muskeln spielen sah. Nun fand Stephanie, dass die Zeit gekommen war, sich zu revanchieren: Sie zog ihren Pullover aus. Darunter trug sie ein kurz?rmliges und relativ enges Top, sodass ihre Brust- und Armmuskeln nun erkennbar waren. Max schaute sie interessiert an.

?Na? Gef?llt dir, was du siehst??, fragte Stephanie mit einem breiten Grinsen. ?Kannst ruhig auch anfassen.?

Er kniff in ihren Arm. ?Nicht schlecht. Ich glaub, deine Muskeln sind noch h?rter als meine.?

?Kann sein. Wir k?nnen nachher Armdr?cken machen.?

Sie taten es, als Max fertig war. ?Aber wehe, du l?sst mich absichtlich gewinnen!?, warnte Stephanie. ?Du wei?t, dass ich auch ein paar Muskeln hab.?

Tats?chlich sp?rte sie Widerstand, zum ersten Mal seit Jahren. Sie musste ihre ganze Kraft aufbieten, um Max? Arm nach unten zu dr?cken, doch als sie sich einen Vorteil erarbeitet hatte, konnte er diesen nicht mehr  ausgleichen.

?Gratuliere! Willst du?s mit dem linken Arm auch versuchen??

Sie nickte. Links war der Kraftunterschied gr??er, sodass sie seinen Arm noch schneller auf die Tischplatte dr?cken konnte.

Sie sa?en noch einige Zeit zusammen. Stephanie wollte wissen, warum Max ?geflogen? war.

?Ich hatte ein paar Streitigkeiten. Es gab da drei oder vier Neuntkl?ssler, die haben Kumpels von mir terrorisiert, Geld abgenommen und so und die Lehrer haben nie was mitgekriegt. Ich hab mir einen davon mal vorgenommen und wohl ein bisschen heftig zugeschlagen. Jedenfalls, der war dann im Krankenhaus und sein Kumpel hat mich verpetzt. Dummerweise war sein Papi ein guter Freund vom Chef und deshalb konnte er sich wohl auch alles erlauben. Jedenfalls war ich dann der b?se Schl?ger und sie haben mich rausgeschmissen. Da kam dann auch noch ne Sache aus der F?nften hoch, wo ich angeblich jemand anderen zusammengeschlagen hab. Ja, ich hab mich mit dem gepr?gelt, aber wenn ich jemand zusammenschlagen will, dann landet der im Krankenhaus, damals schon. Die Sache war l?ngst vergessen; mit dem von damals versteh ich mich ganz gut.?

?Echt? Hast du dir das einfach so gefallen lassen? Und deine Eltern??

?Haben schon Einspruch eingelegt, aber selbst wenn wir recht kriegen, geh ich nicht mehr zur?ck. Wenn der Chef es auf dich abgesehen hat, bist du der Arsch. Ist halt so. Und viele Lehrer sind halt so drauf, dass sie glauben, wer andere verpr?geln kann, tut das auch. Wei? nicht, ob es dir auch schon so gegangen ist.?

?Eigentlich nicht. Auf dem Gym hab ich eigentlich fast blo? Spa?k?mpfe gehabt. Einmal ein bisschen ernster, wie ein paar Kerle aus der jetzigen 7a mich und meine Freundinnen vom Kicker verscheuchen wollten, aber da ist es auch nicht richtig zur Pr?gelei gekommen. Die meisten anderen wissen wohl, wenn ich richtig zuschlagen w?rde, h?tten sie nichts zu lachen und deshalb lassen sie es nicht drauf ankommen.?

?Glaub ich dir. Kann ?brigens sein, dass ich dich schon mal k?mpfen gesehen hab.?

?Wann??

?Bezirksmeisterschaften 2011. Ein Kumpel von mir macht auch Karate und ich war mit ihm dort. Da war beim Endkampf von den M?dchen in unserer Altersklasse auch eine recht gro?e und er hat gemeint, die k?nnte auch bei den Jungs ganz gut mithalten.?

?K?nnte sein. Damals hatte ich wahrscheinlich noch lange Z?pfe. ? ?brigens k?nnen wir gern ausprobieren, ob ich mit dir mithalten kann.?

?Was? Ich k?mpf eigentlich nicht gegen M?dchen.?

?Gegen ein M?dchen, das dich beim Armdr?cken besiegt, kannst du ruhig k?mpfen. Unten im Hof von mir aus.?

?Meinst du, das ist so toll? Vor allen Leuten??

?Wenn du nicht willst, okay. Wir k?nnen nat?rlich auch bei dir oder bei mir im Verein fragen. Oder wir machen einfach morgen oder irgendwann ne Radtour und k?mpfen dann auf einer Wiese. Oder was meinst du, was deine Eltern sagen??

?Ich brauch denen ja nicht auf die Nase zu binden, dass ich zu zweit mit einem M?dchen unterwegs bin. Normalerweise haben wir am Wochenende nicht viel vor ? und ihr?.?

?Eher auch nicht. Meine Eltern haben unter der Woche viel Stress, da wollen sie sich am Wochenende auch mal erholen.?

 

Es gelang den beiden tats?chlich, bereits am Sonntag gemeinsam auf Radtour zu gehen. Es war trocken geblieben und an einer abgem?hten Wiese wollte Stephanie das Versprechen wahr machen. ?Ohne Schuhe, t?t ich sagen, sonst h?tt ich einen unfairen Vorteil mit den Stiefeln.?

?W?rd mir nichts ausmachen, aber okay.?

Sie zogen die Schuhe aus, krempelten die Hosen hoch und stellten sich einander gegen?ber auf. Sie lie? ihn zuerst attackieren, blockte zweimal, wich dann einem Faustschlag aus und blockte dann wieder einen Tritt im Ansatz. Anschlie?end ging sie in Angriff, wechselte schnell zwischen linker Hand, rechter Hand, rechtem Fu? und linken Fu?. Er blockte immer wieder, doch als sie das Tempo steigerte, konnte er nicht mithalten. Einen entscheidenden Moment blieb er ungedeckt und sie schlug mit voller Wucht zu, sodass er zu Boden st?rzte und drei oder vier Sekunden liegenblieb.

 

?Der Schlag war nicht von schlechten Eltern, Respekt!?, lobte er, nachdem er wieder aufgestanden war.

?Sorry, ich wollte dir nicht wehtun. Willst du Revanche??

Wieder dauerte der Kampf nur kurz, bis sie ihn mit einem H?ftwurf hinlegte und danach in den Schwitzkasten nahm. Beim dritten Kampf schw?chte sie seine Arme mit pr?zisen Stichen auf die Nerven, sodass er ihren Schl?gen und Tritten hilflos ausgeliefert war. Im vierten Kampf schulterte sie ihn und nahm ihn anschlie?end in einen W?rgegriff. Im f?nften Kampf tat sie so, als wolle sie einen H?ftwurf ansetzen; er griff nach ihren Armen, um das zu unterbinden und lie? dabei ihre Beine f?r einen kurzen Moment unbeaufsichtigt, worauf sie ihn mit einem Tritt zu Fall brachte. Gerade noch rechtzeitig hatte er die Bauchmuskeln so weit angespannt, dass er zwar fiel, aber nicht sofort k.o. ging. Sie nahm ihn daraufhin in eine Beinschere, sodass er erneut aufgeben musste.

?Du bist zu langsam und deine Attacken zu durchschaubar!?, kritisierte sie. ?Kraft allein bringt?s nicht.?

?Du bist aber auch verdammt gut und hast Techniken drauf, von denen ich keine Ahnung hab.?

?Du auch welche, die ich nicht kenn?. Vergiss nicht, ich hab nie Taekwondo gemacht. Aber bei dir merkt man sofort, ob der Arm oder das Bein kommt und wohin.?

Er wollte es dennoch nochmals versuchen, doch diesmal holte sie ihn nach Sekunden von den Beinen. Allm?hlich kam sie ins ?berlegen, denn sie hatte sich als pers?nliches Ziel gesetzt, ihn jedes Mal mit einer anderen Technik zu besiegen. Nach dem neunten Kampf erkl?rte sie schlie?lich, sie habe keine Lust mehr. ?Ich m?chte gern weiterfahren.?

?Einmal noch.?

?Ich habe nein gesagt. Und wenn du nochmal angreifst, wird es dir so leidtun, dass du nie mehr gegen mich k?mpfen willst.?

 Im n?chsten Moment attackierte er unvermittelt, sodass sie gerade noch rechtzeitig blocken konnte. Danach kannte sie kein Pardon mehr: Mit Fingerstichen auf die Nerven in seinem Arm bet?ubte sie ihn f?r einen Moment, der gen?gte, um ihn in den Solarplexus zu treten, worauf er zusammenklappte. Ein harter Schlag gegen die Kehle lie? ihn nach hinten st?rzen und bewusstlos liegenbleiben.

Stephanie schaute nochmals auf ihr Opfer, w?hrend sie ihre Stiefel anzog. Max lag bewusstlos am Boden. An seiner Hose sah sie einen nassen Flecken, den sie sich nicht erkl?ren konnte. Hatte er vor Angst in die Hose gemacht? Nein, dazu war der Fleck zu klein.

Sie ging zu ihrem Fahrrad, stieg auf und fuhr davon. Als sie sich zum ersten Mal umdrehte, stand Max gerade mit M?he auf. Sie grinste und fuhr weiter, w?hrend er ihr nachrief.

 

Max schleppte sich zu seinem Fahrrad. Ihm taten alle Knochen weh und er wusste, dass er keine Chance hatte, Stephanie einzuholen, doch er musste irgendwie versuchen, sie dazu zu bringen, zu reagieren. Er ertappte sich dabei, dass er geradezu hoffte, sie w?rde stehenbleiben und ihn nochmals zusammenschlagen. Es hatte ein Gef?hl in ihm ausgel?st, das er so noch nie erlebt hatte, wenn sie ihn in den Schwitzkasten, den W?rgegriff oder die Beinschere genommen hatte. War er geil darauf, sich von einer Frau verpr?geln zu lassen?

 

Stephanie fuhr langsamer und beobachtete am?siert, wie Max versuchte, ihr zu folgen. Auch in ihrem gem?tlichsten Tempo wuchs der Abstand. Sie bremste erst am n?chsten Waldrand und versteckte sich zwischen B?umen. Max gewann an Tempo und Stephanie freute sich, dass er nicht ernsthaft verletzt war. Sie wunderte sich ?ber sich selbst, dass ihr ernsthaft etwas an dem Jungen lag. Normalerweise waren Gegner f?r sie nur so lange interessant, bis sie sie besiegt hatte und wenn sie ?blicherweise nicht mit voller Kraft k?mpfte, so lag das an den Anweisungen ihrer Trainer.

Als Max an den Waldrand kam, sprang sie hervor, um ihn zu erschrecken. Er fasste sich jedoch schnell.

?Du traust dich!?, lobte sie. ?Ich k?nnte dich ja hier gleich nochmal zusammenschlagen.?

?K?nntest du ? aber? ich glaub, das w?rdest du nicht machen.?

?W?rde ich auch nicht. Ich hab ja auch gesagt, dass wir ruhig noch ein St?ck weiterfahren k?nnen. Ich hatte blo? keinen Bock mehr zum K?mpfen.?

?Okay. Wo willst du hin??

?Zum Moritzberg. Traust du dir das zu??

?Willst du mich beleidigen??

?N?, ich mein nur. Okay, also los!?

 

Max, dem immer noch alles wehtat, hatte gro?e M?he, Stephanie zu folgen, vor allem den Berg hinauf.  Dennoch schaffen sie es in einer Dreiviertelstunde. Danach war Max allerdings fix und fertig und auch Stephanie war es ganz recht, Rast zu machen.

?Soll ich uns was zu trinken holen??, bot er an.

?Danke!? Sie grinste. ?Du kriegst vielleicht sogar Bier. Du schaust ?lter aus.?

?Eigentlich wollte? okay, ich probier?s.?

 

Max ging zuerst ins Klo, wusch sich und h?ngte seinen Mund an die Wasserleitung. Er sah, dass seine Arme voller blauer Flecken waren, doch das st?rte ihn nicht. Er zog sich allerdings seinen Anorak wieder ?ber, um weniger aufzufallen.

Tats?chlich bekam er zwei Bierkr?ge und trug diese hinaus. Dort hatte Stephanie es sich inzwischen gem?tlich gemacht. Vor ihr lag ein Zeichenblock und in der Hand hielt sie ein Fernglas.

Er stellte die Kr?ge hin, doch Stephanie schaute erst durch das Glas und skizzierte dann etwas auf ihren Block. Wenn es mit der Beobachtung durch das Glas zu tun hatte, war es wohl die Kongresshalle.

?Was malst du da? Landschaften??

?Sorry, hab dich nicht kommen geh?rt. Danke erstmal f?r das Bier!? Sie nahm einen Krug und stie? mit ihm an. ?Landschaften hab ich letztes Jahr die ganze Zeit gemacht. In letzter Zeit mach ich eher Kombinationen aus verschiedenen Skizzen. Schau!?

 Sie bl?tterte den Block langsam durch und zeigte ihm verschiedene Motive: Den Sch?nen Brunnen aus verschiedenen Sichtweisen, die Burg, aber auch Klassenkameraden und Lehrer. Auf jedem Blatt befand sich mehrmals das gleiche Motiv. Nur eines ?berbl?tterte sie.

?Super, wie du da kannst!?, lobte er und griff nach dem Block. ?Was ist auf dem Blatt drauf, das du ?berbl?ttert hast??

?Das zeig ich dir nicht.?

?Gib her!?

Sie zog den Block weg und ballte die Faust. ?Wenn du mit deinen Pfoten da rangehst, schick ich dich schlafen, allen Ernstes. Der Skizzenblock ist mir zu wichtig und der ist sofort kaputt.?

 Er grinste: ?Davor h?tt ich nicht mal so viel Angst, aber ich seh ein, dass dein Block dir wichtiger ist.?

?Hast du noch nicht genug??, gab sie zur?ck. ?Von mir aus, aber nicht hier. Erst will ich das hier fertigmachen, dann austrinken. Au?erdem nicht vor allen Leuten.?

?Okay, okay! Aber? ich muss dir eins gestehen: Klar, wenn wir wieder catchen, wirst du mich wieder zusammenschlagen; ich war noch nie gegen irgendwen so chancenlos, aber ich hab auch noch nie so ein geiles Gef?hl gehabt, wie wenn du mich im Schraubstock oder im Schwitzkasten hattest.?

Nun kicherte sie. ?Okay, dann kann ich es dir zeigen ? aber lass das Bild in Ruhe!?

Auf dem Papier waren insgesamt sieben Zeichnungen von ihm, drei nur Skizzen, drei schon grundiert, zwei w?ren als fertige Grafiken durchgegangen.

 ?Toll! So oft hast du mich schon gemalt??

?Ich hab dich im Unterricht st?ndig skizziert, wenn du gerade nicht hergeschaut hast ? und in der Pause oder daheim dann richtig gezeichnet. ? Und wenn du mir versprichst, dass du nichts weitersagst, sag ich dir auch, was ich damit vorhab.?

Er nickte.

?Ich hab seit Freitagfr?h schon ?berlegt, wo ich dich reinbring, aber jetzt hab ich?s: Ich werd einen Kampf zwischen uns beiden darstellen, vor der Kongresshalle oder vor dem deutschen Stadion in fertigem Zustand. Ich hoff blo?, ich krieg mich selber richtig hin.?

?Schaffst du bestimmt.?

?Ich hab blo? eine Grafik von mir selber fertiggemacht: Als eine Art Freiheitsstatue; die hab ich aber daheim.?

?Die w?rd ich gern mal sehen.?

?Ist ein bisschen kitschig; wei? nicht, ob du nicht dar?ber lachen w?rdest. ? Dabei hab ich blo? zwei fertige.?

Sie holte einen anderen Block aus der Tasche und zeigte ihm zwei Grafiken. Die eine stellte eine Klassenkameradin mit dem Sch?nen Brunnen als Hut dar, die andere einen Ritter auf einem gefl?gelten Pferd ?ber der Burg.

?Hey, toll! Mit deinen Zeichnungen k?nntest du bestimmt reich werden.?

?Meine Alten w?ren nicht begeistert. Aber ich hab?s mir schon ?berlegt: Ich will mir mal ein ordentliches Fotobearbeitungsprogramm zulegen, weil ich gern auch Fotos so kombinieren w?rd wie Grafiken, aber die kosten. Au?erdem brauch ich neue Klamotten ? und schicke gibt?s in meiner Gr??e kaum.?

?Wer sagt, dass deine Alten das mitkriegen m?ssen? Wir bringen das ?ber Internet an den Mann. Brauchst blo? die Bilder sichtbar, aber nicht kopier- oder vergr??erbar machen, das krieg ich hin und k?nnte es dir auch zeigen. Auf der anderen Seite: Ich k?nnt` auch deinen Manager machen, f?r ein paar Prozent.?

?Keine schlechte Idee. Ich hab im Moment nicht die Zeit, mich da richtig einzulesen.?

?Na ja, lass mich doch auch mal irgendwas besser k?nnen als du!?

?Nein! Niemand auf der Welt kann irgendwas besser als ich!?, widersprach sie mit einem Grinsen, doch dann wurde sie wieder ernst. ?Du findest mich vielleicht toll, aber das ist blo? die eine Seite. Ich konnte als Kind schon viel ? mit drei oder vier Jahren schon lesen, rechnen und ganz gut zeichnen, aber trotzdem haben sie mich in der ersten Schulklasse zur?ck in den Kindergarten geschickt.?

?Warum??

?Ich konnte mich nicht konzentrieren, bin nie auf dem Stuhl sitzengeblieben und hab nie gemacht, was die Lehrerin gesagt hat. Sie war v?llig fertig. Meine Eltern haben mich dann zu einer Sozialp?dagogin geschickt. Die war selber Judoka und hat irgendwann gemerkt, dass ich mich daf?r interessiere und gemeint, ich k?nnte beim Kampfsport ganz gut lernen, mich zu konzentrieren. Das ging auch tats?chlich. Wenn ich zehn Minuten voll konzentriert arbeite, krieg ich mehr hin als jemand anderer in einer halben Stunde. Es f?llt mir aber immer noch schwer, nicht abzuschalten, wenn die Lehrer irgendwas zum f?nften Mal erkl?ren oder irgendwas anderes zu bemerken, wenn ich besch?ftigt bin, ganz gleich, ob mit Lernen oder mit Malen oder mit Kampfsport. Deshalb hab ich dich vorhin auch nicht bemerkt ? und deshalb bin ich auch abgehauen, nachdem ich dich zusammengeschlagen hab: Ich hatte Angst, dass ich dir ernsthaft was angetan hab. Das ist mir schon zwei oder dreimal passiert. Gegen dich hab ich zum ersten Mal seit l?ngerem voll zugeschlagen, weil ich gedacht hab, du h?ltst es aus. Ich hoffe, dir ist nichts passiert?!?

Max sch?ttelte den Kopf: ?Paar blaue Flecken, aber das werde ich ?berleben. Und von dir kann ich gar nicht genug Quetschungen kriegen.?

?Was meinst du??

?Dass ich dich?mag.?

Stephanie sah ihn verwundert an. Er legte den Arm um sie, worauf sie ihn erst packte und versuchte, ihm den Arm zu verdrehen, ihn aber wieder loslie?.

?Sorry!?, sagte sie. ?Das kam so unvermittelt.?

?Hat dir das noch keiner gesagt??

?Dass er mich mag? Meine Eltern. Und du? Hattest du schon ne Freundin??

?Nicht wirklich. Ich hab bisher mit M?dchen noch nicht viel anfangen k?nnen. Die M?dels in meiner alten Klasse waren solche Zuckerpuppen. Ich hab bis heute nicht gewusst, dass ich auf M?dchen steh, die mich zusammenhauen k?nnen, wenn sie Lust drauf haben.?

?Falls das ein Ann?herungsversuch ist: Wer sagt dir, dass ich auf Typen wie dich steh??

?Ich hab ja kein Risiko: Entweder du gibst mir einen Kuss oder du legst mich hin. Lust h?tt ich auf beides.?

?Okay!? Sie lehnte sich zu ihm hin?ber und schob ihre Lippen an die seinigen.

?Vielleicht ist es mir ?hnlich gegangen wie dir?, meinte sie dann.

?Wie meinst du??

?Die Jungs k?nnen meistens nicht damit umgehen, dass ein M?dchen st?rker ist als sie. Nach zwei oder drei Niederlagen, egal ob beim Armdr?cken oder beim Catchen, sind mir bisher alle aus dem Weg gegangen. Ich hab allerdings schon l?nger gewusst, worauf ich steh: Auf jemand, der f?r mich zumindest ein ernsthafter Gegner ist.?

?Schade!?

Sie kicherte: ?Richtig erkannt. Aber immerhin bist du einer, der Mut hat und vor allem, der mich trotzdem mag.? Sie k?sste ihn wieder. ?Und noch was, du bist der erste, dem ich so viel von mir erz?hlt hab. Ich hoff, du sagst es niemand weiter ? ich mein, das mit dem Zur?ckstellen und das mit der Sozialp?dagogin.?

?Nein! Versprochen.?

?Sonst??

?Droh mir bitte nicht an, mich zu verpr?geln. Du wei?t, dass ich genau darauf steh.?

?Stehst du auch darauf, dass ich mit dir nichts mehr zu tun haben will? Und dass ich nach dem Verpr?geln wirklich abhau und nicht warte, bis du mir nachkommst??

?Das w?r ne ernsthafte Drohung, okay.? Er gab ihr einen Kuss.

?Okay, wir verstehen uns. Und zum Catchen werden wir schon wieder kommen, wenn du unbedingt willst.?

 

Die beiden Jugendlichen bemerkten nicht, dass sie aus der Luft beobachtet wurden.

?Interessant!?, fand das m?nnliche Wesen in der Luft. ?Sie hat also W?nsche, die wir verst?rken k?nnen.?

?Aber wir m?ssen verhindern, dass dieser Typ ihre W?nsche erf?llt.?

?Komm! Das wirst du doch hinkriegen.?